Ein Hamsterrad und ein Traum

Wir übertragen das „Hamsterrad“ oft als Sinnbild auf unser Leben. Wenn der eine oder der andere von uns diesen Begriff verwendet, so wissen wir beide ganz genau, wovon wir sprechen. In Bezug auf unser Leben bedeutet es ein „öder, langweiliger Alltag“.

Ich, Olivia, habe einmal mit einem Mann gesprochen, der sich soeben pensionieren liess. Er fand keinen Sinn mehr im Leben und gestand, dass er vor seiner Pension jeweils morgens aufstand, arbeitete und abends zu Bett ging und dann das Ganze wieder von vorne… Er sei enttäuscht, er habe sein Leben „verpasst“. Ich vermute, falls ich ihn nach seinen Wünschen gefragt hätte, so hätte er sie gar nicht benennen können. Einer Leere und Hoffnungslosigkeit sass ich gegenüber. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich nie so leben möchte und dass ich nie vergessen möchte, „wirklich“ zu leben. Dieser Mann hat tatsächlich in seinem Leben vergessen zu leben. 

So bin ich in den vergangenen Jahren immer wieder zu dem Punkt gekommen, wo mein Alltag mehr als nur Routine wurde. Ich vergleiche dies gerne mit einem Hamsterrad. Der Hamster rennt, kommt nicht vom Fleck. Fast sinnlos ist seine Tätigkeit, höchstens verliert er ein bisschen an Gewicht. In meinem Alltag war es jeweils ein Zustand, wo ich fast aufhörte nachzudenken. Die Arbeit stand im Vordergrund, was ich leistete war mir wichtig und ständig hatte ich das Gefühl, die Zeit zerrinnt mir in den Händen. Manchmal schreckte ich auf, weil ich mich fürchtete, eines Tages dasselbe wie dieser Mann zu sagen. Teils gelang es mir nachzudenken, was ich dagegen tun könnte. Ich versuchte Pausen einzubauen in meinen Alltag. Doch auch diese spulte ich mit der Zeit nur noch ab, wie kleine Hürden im Hamsterrad. Ich versuchte es mit dem Reisen, dem Entdecken von verschiedenen Ländern und Kulturen. Das war gut, doch sobald ich wieder zurück im Alltag war, war nichts anders als zuvor. So verliess ich schliesslich mein Heimatland und wohnte in anderen Ländern, bei fremden Menschen. Selbst da fand ich mich plötzlich wieder im „Rad“. 

Heute kann ich sagen, dass sich mein Alltag anders anfühlt als ein „Hamsterrad“. Ich glaube, dass es damit zu tun hat, dass ich gelernt habe zu träumen und zu wünschen. 

Erst kürzlich habe ich eine spannende Methode kennen gelernt, sie heisst „Woop“ (wish/Wunsch -outcome/Ergebnis – obstacle/Hindernis – Plan). Mich dünkt, dies ist eine gute und geeignete Präzisierung und Weiterentwicklung des Träumens. Es geht darum, sich etwas zu wünschen. Dann, statt einfach nur bei diesem Wunsch zu bleiben, soll man sich die Hindernisse bewusst sein und dann einen konkreten Schritt auf Richtung des Ziels vornehmen. 

Genau so ist es uns bei unserem Traum, „mit einem Schiff auf dem Meer zu segeln“, auch gegangen. Zu Beginn sahen wir nur das Ziel. Bei jedem Schritt der Verwirklichung begegneten wir jedoch Hindernissen: Der Hochseeschein, die Prüfung, die Fremdsprachen, der Funkkurs, der Coronavirus, der das Reisen erschwert, die Finanzen, uns einigen für ein Schiff, ob wir viele oder wenige Gäste empfangen wollen,  ob wir ein altes langsames oder neueres schnelles Schiff wollen, usw.

Zu träumen und dann Träume auch noch zu realisieren ist sehr anstrengend. Denn Hindernisse wird es immer geben auf dem Weg zum Ziel. Ein grosses Risiko ist es auch, viel grösser, als im Rad zu rennen.  Dennoch haben wir unser Glück im Verwirklichen unseres gemeinsamen Traums gefunden, mit all seinen Hindernissen und Herausforderungen.  Und was will ein Mensch mehr, als glücklich zu sein? Wünsche und Träume bereichern unser Leben und machen es spannend und farbig. 

Viele Menschen verschieben ihre Träume oder das Realisieren dieser auf die Pension. Doch was wird morgen sein? So entschieden wir uns, jetzt mit der Umsetzung zu beginnen und nicht zu warten, bis wir nicht mehr die Kraft dazu haben. 

Mut ist der Zauber, der Träume wahr werden lässt.

Quelle unbekannt
Yvonand, Frühling 2021

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